analoque – catch 22

(English version)

analoque - catch 22 (Cover)

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Mike König – Gesang, Gitarre, Bass, Beat Programming, Sampling
Michael Rautenberg – Gitarre, Synthesizer
Ulrike Erlach – Bass, Synthesizer
Stefan Weiß – Schlagzeug

aufgenommen im “Helicopter Tonstudio” von Edgar M. Röthig
abgemischt in den “13th room studios” Dresden von Mike König
gemastert von Marco Sebastian Christ

Musik geschrieben von analoque
Texte geschrieben von Mike König
Stimmensample in “solo for machine” aus Dwight D. Eisenhowers Farewell Address (1961)

Covergestaltung by Falk Enderlein
Coverbild von Karolina Grabowska / kaboompics

 
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Sage und schreibe 17 Jahre sind seit analoques großartiger akustischer Reminiszenz an die Zukunft „for tomorrow“ und damit auch der letzten Veröffentlichung der Band vergangen. Time Flies like an arrow – das gilt nicht zuletzt für Musiker wie die von analoque, die zwar ohne Musik nicht lebensfähig wären, die ihre Musik aber immer „nur“ als die wichtigste Nebensache der Welt betrachtet haben.

Die Band ist in der Zeit weiß Gott nicht untätig gewesen – wechselnde Besetzungen um die kreativen Konstanten Mike König und Michael Rautenberg, viel gemeinsame Zeit im Proberaum, das eine oder andere Nebenprojekt (unter anderem der grandiose Joy-Division-Tribute „Here Come The Young Men“!) und regelmäßige Auftritte haben dafür gesorgt, dass analoque immer musikalisch präsent blieben. Für Studioarbeit und insbesondere die mitunter zeitraubende „Post Production“ war dann aber – trotz zahlreicher Songs und auch Demoaufnahmen, die in der Zeit entstanden sind – offenbar nicht genügend Zeit. Bezeichnenderweise stammen die Aufnahmen auf „Catch 22“ bereits von Anfang 2020.

Was allerdings nicht dazu geführt hat, dass die „neue“ Platte zu abgehangen oder gar veraltet klingt. analoque pflegen zwar einen Stil, den man nicht unbedingt als zeitlos bezeichnen kann (dafür ist die Musik zu deutlich verwurzelt im Post Punk und Dark Wave 80er und 90er). Sie verstehen es jedoch perfekt, zeitgemäße Elemente in die Arrangements einfließen zu lassen und damit ihre Musik fest im Hier und Jetzt zu verankern. Und stehen (ohne vermessen erscheinen zu wollen) damit nicht nur stilistisch in der Tradition naheliegender Referenzen wie The Cure oder Radiohead. Bands also, die musikalisch immer bei sich geblieben sind, ohne in der Wahl ihrer Mittel stehengeblieben zu sein.

Auch bei analoque haben (auch wenn das den Bandnamen zu konterkarieren scheint) in den vergangenen Jahren verstärkt digitale und synthetische Elemente Einzug gehalten, ohne jedoch zum reinen Selbstzweck zu verkommen. Ob sphärische Flächen wie bei „Goodbye?“ oder rhythmisches Korsett wie bei „Solo-for-machine“ – die digitalen Sounds sind keine bloße Effekthascherei, erfüllen immer eine klare Funktion im Dienste des Songs und verweben sich meist organisch mit den „analogen“ Bestandteilen der Stücke. Die Musik an sich kommt etwas monotoner daher als auf der letzten Platte, weil die Songs weniger im klassischen Strophe-Refrain-Schema verhaftet sind. Dass „Catch 22“ trotzdem nicht langweilig wird, dafür sorgt der abwechslungsreiche Sound, dafür sorgen, neben den elektronischen Elementen und Samples, unter anderem zahlreiche Gitarrenlines, die vielschichtig ineinander verzahnt sind und sich sicher auf dem mitunter schmalen Grat zwischen komplexer Textur und nervigem Geningel bewegen.

Zeitgemäß (und geradezu beängstigend aktuell) sind auch die inhaltlichen Themen, die analoque auf „Catch 22“ umtreiben – Krieg und Frieden, Sterben und Werden, Gefühl und Verstand, Ich, ES und die Anderen (bzw. die Anderen in mir). Das mag trivial und klischeehaft wirken, nebeneinander gestellt und mit unterschiedlichem Auflösungsgrad be- und verarbeitet, wird jedoch deutlich, dass es der Band zumindest nicht vordergründig um das belehrende Anprangern von Missständen geht, sondern um die fast schon philosophische Einsicht, dass das menschliche Sein im Grunde eine Ansammlung unvereinbarer Widersprüche und selbsterfüllender Prophezeiungen ist. Catch 22 auf ganzer Linie sozusagen. Ob auf persönlicher Ebene wie bei „Shellshock“, psychoanalytisch angehaucht wie bei „Goodbye?“ und „Small“ oder als fundamentale Gesellschaftskritik mit der Stimme Eisenhowers in „Solo-for-machine“ – am Ende (oder Anfang?) steht immer ein massives Dilemma, eine Zwickmühle, ein unauflösbarer Teufelskreis.

Dass diese Einsicht nicht zwingend Depressionen hervorrufen muss, sondern (wenn einmal erkannt) durchaus befreiend wirken kann, deuten analoque mit ihrer Musik an, die zwar düster ist, aber ganz und gar nicht resignierend daherkommt. Deutlich wird das nicht zuletzt an dem zwar morbiden, aber um einiges optimistischeren alternativen Titel der Platte, welchen die Band noch bis kurz vor der Veröffentlichung in Erwägung gezogen hatte: A Tree grew from the guts!.
(Text: Thomas Weiß)

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